Wir sind soziale Wesen. Nach der Geburt ist unser Überleben für eine lange Zeit von Bezugspersonen abhängig. Unser ganzes Sein ist deshalb auf Bindung ausgerichtet. Zugehörigkeit bedeutet Sicherheit. Wenn in den ersten Lebensjahren auf unsere Bedürfnisse sensibel eingegangen wird, wenn wir liebevolle Wärme, Trost, Anregung, Unterstützung und Förderung erfahren, werden wir von dieser sicheren Basis aus die Welt ganz natürlich und mit Neugier explorieren. Wir entwickeln einen stabilen Selbstwert und begegnen dem Leben mit einer würdevollen Haltung. Autonomie und Beziehung haben gleichermaßen ihren Platz.
Selten finden wir Bedingungen vor, die eine ausnahmslos entspannte Entwicklung ermöglichen. Auch einmalige Ereignisse können Spuren hinterlassen und vermeintlich kleine Ereignisse haben ebenfalls das Potential, eine Wirkung zu entfalten, weil die Perspektive eines Kinders anders ist als die eines Erwachsenen.
Um das Überleben zu sichern, liegt es in unserer menschlichen Natur, sich als Kind bestmöglich an das Umfeld anzupassen. Diese Anpassungsleistungen sind also sinnvolle Strategien, um mit überfordernden und bedrohlichen Situationen zurecht zu kommen. Sie werden Teil unserer Persönlichkeit. Darüber hinaus sind wir als kleines Kind nicht in der Lage, Bezugspersonen kritisch zu hinterfragen. Wenn wir bestraft oder abgelehnt werden, können wir nur glauben, dass wir es sind, die "falsch" sind. Ein Kind bezieht alles auf sich. Solche Annahmen integrieren wir in unser Selbstbild.
Diese Verhaltensmuster und Überzeugungen nehmen wir mit in das Erwachsensein. Sie sind nicht zwangsläufig problematisch. Wir können unser Leben und unsere Beziehungen mit ihnen sehr glücklich und lebendig gestalten. Ab wann sich Muster störend auswirken ist individuell (*). Neben der Intensität der Erfahrungen spielen die eigene Empfindsamkeit und Ressourcen eine wichtige Rolle.
Befinden wir uns in (Dauer-)Stress, oder stoßen wir an Grenzen, werden die Muster dysfunktional, weil sie jetzt wenig bis keine Flexibilität mehr
zulassen. Vielleicht übernehmen wir selbstverständlich die Verantwortung, unterdrücken Wut, können keine Nähe zulassen, fühlen uns wertlos,
hilflos oder haben Angst vor dem Alleinsein usw. Wichtig zu verstehen ist: Im Grunde genommen beziehen sich unsere Reaktionen und Gefühle in
der Gegenwart auf Verletzungen der Vergangenheit. Wir schützen uns so, wie wir es damals gelernt haben.
Alle großen Leute waren einmal Kinder, aber nur wenige erinnern sich
daran.
Antoine de Saint-Exupéry aus >> Der kleine Prinz <<
(*) Bitte beachten Sie, dass mein Angebot kein Ersatz für eine therapeutische oder ärtzliche Behandlung darstellt.